Nichts Genaues weiß man nicht – so lässt sich wohl aktuell die Handelspolitik des US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump zusammenfassen. Derzeit legen seine angekündigten Zölle für die Europäische Union zwar weitgehend eine Pause ein. Dennoch sollten Unternehmen sie bei ihrer Liquiditätsplanung mit einem proaktiven, detaillierten und szenariobasierten Ansatz berücksichtigen. Flexibilität kann in dieser Lage entscheidend werden.
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Informationsbeschaffung und Analyse der Betroffenheit
Verfolgen Sie Handelsnachrichten, offizielle Verlautbarungen (z.B. von US-Behörden wie dem USTR, EU-Kommission), Mitteilungen von Branchenverbänden und Fachanalysen sehr genau.
Exporte in die USA: Welche Ihrer Produkte unterliegen bei der Einfuhr in die USA bereits Zöllen oder könnten von neuen/erhöhten Zöllen betroffen sein? Dies ist der häufigste Fall.
Retaliatorische Maßnahmen: Welche Zölle könnte die EU (oder andere Handelspartner) als Reaktion auf US-Maßnahmen erheben, die wiederum Ihre Importe aus anderen Ländern oder Ihre Exporte in diese Länder verteuern?
Lieferkette: Sind Ihre wichtigen Lieferanten von US-Zöllen betroffen und könnten diese Kosten an Sie weitergeben?
Kunden: Sind Ihre Kunden betroffen, was deren Zahlungsfähigkeit oder Nachfrage beeinflussen könnte?
Wettbewerb: Wie sind Ihre Wettbewerber betroffen? Ergeben sich Vor- oder Nachteile?
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Quantifizierung der direkten Auswirkungen auf den Cashflow
Zollerhöhungen als direkte Kosten (Cash Out)
Importseitig (falls zutreffend): Kalkulieren Sie die zusätzlichen Zollkosten für Ihre Importe und planen Sie diese als direkte Auszahlungen ein.
Exportseitig (Ihre Produkte in die USA):
Kostenübernahme: Wenn Sie die Zölle tragen, um wettbewerbsfähig zu bleiben, planen Sie diese als Margenreduktion oder direkte zusätzliche Kosten (z.B. “Zollaufwand USA”) ein, die Ihren Cashflow aus dem Verkaufserlös mindern.
Preiserhöhung: Wenn Sie die Zölle an US-Kunden weitergeben, analysieren Sie die Preiselastizität. Ein höherer Preis könnte zu geringeren Absatzmengen und damit zu geringeren Einzahlungen führen.
Zeitliche Planung der Zollzahlungen: Zölle werden meist bei Einfuhr fällig. Dies muss im kurzfristigen Liquiditätsplan berücksichtigt werden.
Veränderte Einzahlungen aus Exporten: Modellieren Sie mögliche Absatzrückgänge oder niedrigere Verkaufspreise (Netto nach Zoll) für Exporte in die USA.
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Berücksichtigung der indirekten Auswirkungen
Lagerbestände: Müssen Sie Lagerbestände erhöhen, um sich vor Lieferengpässen oder Preiserhöhungen zu schützen (kurzfristiger Cash Out)? Oder führen Zölle zu Ladenhütern (Kapitalbindung)?
Forderungen: Könnten sich Zahlungsziele Ihrer US-Kunden verlängern, wenn diese durch Zölle belastet sind? Planen Sie höhere Forderungslaufzeiten oder Ausfallrisiken ein.
Verbindlichkeiten: Könnten Ihre Lieferanten aufgrund eigener Belastungen kürzere Zahlungsziele fordern?
Supply Chain Kosten: Kalkulieren Sie mögliche Kosten für die Suche und Qualifizierung neuer Lieferanten, falls bestehende Lieferketten durch Zölle unrentabel werden.
Währungsschwankungen: Handelspolitische Spannungen können zu Volatilität bei Wechselkursen (z.B. EUR/USD) führen. Berücksichtigen Sie Währungssicherungsstrategien und deren Kosten sowie mögliche Auswirkungen von Kursänderungen auf Ihre Ein- und Auszahlungen in Fremdwährung.
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Szenarioplanung und Stresstests
Entwickeln Sie verschiedene Szenarien:
Best-Case: Keine oder minimale Zölle, Ausnahmeregelungen für Ihre Produkte.
Worst-Case: Hohe Zölle auf viele Ihrer Schlüsselprodukte/Inputs, starke retaliatorische Maßnahmen.
Realistisches Szenario: Basierend auf den wahrscheinlichsten Ankündigungen.
Quantifizieren Sie für jedes Szenario die Auswirkungen auf Umsatz, Kosten, Working Capital und den gesamten Cashflow. Führen Sie Stresstests durch: Wie lange reicht Ihre Liquidität, wenn bestimmte negative Ereignisse (z.B. 20% Zölle auf Hauptexportprodukt) eintreten?
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Auswirkungen auf Finanzierungskosten und Erträge
Finanzierungskosten: Zölle und gestörtes Working Capital können Ihren Bedarf an Betriebsmittelfinanzierung erhöhen und eine erhöhte Unsicherheit im internationalen Handel und potenzielle Margenrückgänge können von Banken als höheres Geschäftsrisiko eingestuft werden. Dies könnte zu höheren Zinsaufschlägen (Risk Premiums) auf Kredite sowie strengeren Kreditkonditionen (Covenants) oder geringerer Kreditverfügbarkeit führen.
Planung: Kalkulieren Sie in Ihren Szenarien potenziell höhere Zinskosten für bestehende variable Kredite oder für neu aufzunehmende Finanzierungen ein. Sprechen Sie proaktiv mit Ihren Banken über die Situation und Ihre Gegenmaßnahmen.
Erträge aus kurzfristigen Anlagen: Die Auswirkungen von Zollpolitiken auf die allgemeinen Zinserträge aus kurzfristigen Anlagen sind eher indirekt. Eine stark protektionistische Politik könnte das globale Wirtschaftswachstum dämpfen, was Zentralbanken wiederum zu Zinssenkungen veranlassen könnte (wodurch Erträge sinken). Umgekehrt könnte eine Überhitzung oder Inflationsdruck in einzelnen Wirtschaftsräumen auch zu Zinssteigerungen führen.
Fokus: Der primäre Fokus bei der Liquiditätsplanung im Kontext von Zöllen liegt auf der Sicherung der operativen Liquidität und der Deckung von Mehrkosten, weniger auf der Optimierung von Anlageerträgen. Die Sicherheit und Verfügbarkeit von Liquidität hat Vorrang. Wenn mehr Liquidität als Puffer oder für Zollzahlungen vorgehalten werden muss, steht weniger für ertragreichere Anlagen zur Verfügung.
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Anpassung der Liquiditätsplanung und Maßnahmen
Was folgt aus alle dem für Ihre Liquiditätsplanung? Sie muss auf jeden Fall dynamischer und kurzfristiger überprüfbar werden. Planen Sie höhere Liquiditätspuffer ein, um auf unvorhergesehene Zollzahlungen oder Absatzschwankungen reagieren zu können. Und bedenken Sie schon heute Maßnahmen, mit denen Sie Ihre Risiken senken können. Dazu gehören beispielsweise die Prüfung von Preisanpassungsklauseln in Verträgen, eine intensiveres Kostenmanagements und durchdachte Währungssicherungsstrategien.
Die Liquiditätsplanung wird in Zeiten unsicherer Märkte unter anderem durch Trumps Zollpolitik zu einem zentralen Instrument des Risikomanagements, wobei ein besonderes Augenmerk auf erhöhte Kosten, veränderte Zahlungsströme und potenziell steigende Finanzierungskosten durch eine höhere Risikoprämie gelegt werden muss. Die Ertragsseite kurzfristiger Anlagen ist sekundär, es sei denn, es ergeben sich drastische Änderungen im allgemeinen Zinsniveau als Folge der Handelspolitik.
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