Bundessozialgericht Kassel: Freiwillige Beiträge zur Grundrente zählen nicht

by ina

Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel hat am 5. Juni 2025 ein wegweisendes Urteil zur Grundrente gefällt (Az.: B 5 R 3/24 R). Es besagt, dass freiwillige Rentenbeiträge bei der Berechnung der 2021 eingeführten Grundrente nicht berücksichtigt werden dürfen. Diese Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen für viele Rentnerinnen und Rentner, insbesondere für Selbstständige und Menschen mit unterbrochenen Erwerbsbiografien, die in der Vergangenheit freiwillig in die Rentenkasse eingezahlt haben.

Was ist die Grundrente?

Bevor wir uns den Details des Urteils widmen, ist es wichtig zu verstehen, was die Grundrente überhaupt ist. Die Grundrente, auch bekannt als Grundrentenzuschlag oder Respekt-Rente, wurde zum 1. Januar 2021 eingeführt. Sie ist keine eigenständige Rentenart, sondern ein individueller Zuschlag zur gesetzlichen Rente für Menschen, die viele Jahre gearbeitet und dabei unterdurchschnittlich verdient haben.

Die Kernziele der Grundrente

  1. Würdigung der Lebensleistung: Sie soll die Anstrengungen derjenigen honorieren, die jahrzehntelang Beiträge in die Rentenversicherung eingezahlt, aber aufgrund geringen Einkommens nur eine kleine Rente erhalten.
  2. Vermeidung von Altersarmut: Sie soll dazu beitragen, dass langjährig Versicherte im Alter nicht auf Grundsicherung angewiesen sind.

Voraussetzungen für den Erhalt der Grundrente

  1. Mindestversicherungszeit: Es müssen mindestens 33 Jahre an sogenannten “Grundrentenzeiten” vorliegen. Dazu zählen hauptsächlich Pflichtbeiträge aus Beschäftigung oder Selbstständigkeit, Kindererziehungszeiten, Pflegezeiten und Zeiten des Leistungsbezugs bei Krankheit oder Rehabilitation.
  2. Unterdurchschnittliches Einkommen: Das durchschnittliche Einkommen während des Berufslebens muss unter einem bestimmten Schwellenwert (aktuell zwischen 30 und 80 Prozent des Durchschnittsverdienstes) gelegen haben.
  3. Einkommensprüfung: Das zu versteuernde Einkommen im Rentenalter wird angerechnet, um sicherzustellen, dass der Zuschlag zielgenau bei den Bedürftigen ankommt.

Der Grundrentenzuschlag muss nicht beantragt werden; die Deutsche Rentenversicherung prüft dies automatisch und zahlt den Zuschlag gegebenenfalls mit der Rente aus.

Das Urteil des Bundessozialgerichts: Freiwillige Beiträge zählen nicht

Im konkreten Fall, über den das Bundessozialgericht zu entscheiden hatte, klagte ein Rentner, der neben seinen Pflichtbeiträgen über viele Jahre hinweg auch freiwillige Beiträge in die Rentenkasse eingezahlt hatte. Er argumentierte, dass auch diese freiwilligen Beiträge bei der Berechnung seiner Grundrente berücksichtigt werden müssten, da er damit zur Finanzierung der Rentenversicherung beigetragen habe. Das BSG folgte dieser Argumentation jedoch nicht. Die Richter stellten klar, dass für den Anspruch auf die Grundrente ausschließlich Pflichtbeitragszeiten relevant sind. Freiwillig geleistete Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zählen demnach nicht zu den Grundrentenzeiten im Sinne des Gesetzes (§ 76g Abs. 2 SGB VI). Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung steuerfinanzierter Leistungen wie der Grundrente einen weiten Gestaltungsspielraum habe. Die Differenzierung zwischen Pflicht- und freiwilligen Beiträgen sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Pflichtversicherte trügen regelmäßig intensiver zur Finanzierung der Rentenversicherung bei, weshalb der Gesetzgeber diese Unterscheidung treffen dürfe. Freiwillig Versicherte hätten zudem die Möglichkeit, die Höhe und Dauer ihrer Beiträge flexibler zu gestalten, was bei Pflichtversicherten nicht der Fall sei.

Auswirkungen des Urteils

Das Urteil des Bundessozialgerichts hat erhebliche Auswirkungen auf eine Vielzahl von Rentnerinnen und Rentnern. Insbesondere betroffen sind:

  1. Selbstständige: Viele Selbstständige, die nicht pflichtversichert waren, aber freiwillig Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung leisteten, können nun keinen Anspruch auf die Grundrente geltend machen, wenn sie nicht die erforderlichen Pflichtbeitragszeiten erfüllen.</li
  2. Personen mit unterbrochenen Erwerbsbiografien: Wer über längere Zeiträume freiwillig in die Rentenkasse eingezahlt hat, um Lücken zu schließen oder die Rentenansprüche zu verbessern, wird feststellen, dass diese Zeiten für die Grundrente nicht angerechnet werden.
  3. Zukünftige Rentenanträge: Für alle künftigen Anträge auf Grundrente ist die Rechtslage nun klar: Freiwillige Beiträge spielen bei der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen keine Rolle.
  4. Bereits laufende Verfahren: Für Fälle, die sich noch in der Prüfung befinden oder bei denen Widerspruch bzw. Klage eingelegt wurde, schafft das Urteil Rechtssicherheit und wird voraussichtlich zu Ablehnungen führen.

Das Urteil mag für viele Betroffene enttäuschend sein, da es die Hoffnungen auf einen Zuschlag zur Rente zunichtemacht. Es unterstreicht jedoch die klare Abgrenzung des Gesetzgebers zwischen pflichtversicherten und freiwillig versicherten Zeiten im Kontext der Grundrente. Fazit und Ausblick Das Urteil des Bundessozialgerichts in Kassel vom 5. Juni 2025 zur Nichtberücksichtigung freiwilliger Rentenbeiträge bei der Grundrente ist eine wichtige Klarstellung im deutschen Sozialrecht. Es präzisiert die Zugangsvoraussetzungen zur Grundrente und verdeutlicht, dass diese Leistung primär auf der Grundlage von Pflichtbeitragszeiten beruht. Für Rentnerinnen und Rentner sowie zukünftige Rentner ist es entscheidend, diese Regelung zu kennen und die eigenen Versicherungszeiten entsprechend zu prüfen. Bei Unsicherheiten oder Fragen zur individuellen Rentensituation ist es ratsam, sich an die Deutsche Rentenversicherung oder an einen unabhängigen Rentenberater zu wenden.

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